Wer wir sind

Nach einer wissenschaftlichen Konferenz zum Thema des Genozids an Christen im spätosmanischen Reich (Technische Universität Berlin, 2002) entstand das Organisationskomitee „Mit einer Stimme sprechen!“, das 2008 die Initiative für einen ökumenischen Trauerort in der deutschen Hauptstadt ergriff. Dieses Vorhaben fand die Unterstützung der damaligen Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, Monika Thiemen, sowie der Gedenktafelkommission jenes Bezirks. Charlottenburg ist eng mit der armenisch-türkisch-deutschen Geschichte verbunden. Seit Jahrzehnten sind dort die beiden armenischen Gemeinden Berlins sowie eine der vier syrisch-orthodoxen Gemeinden der Hauptstadt ansässig.

Im November 2011 schlossen sich die Gründungsmitglieder des Organisationskomitees mit weiteren Angehörigen der armenischen, griechischen und syrisch-orthodoxen (aramäischen) Gemeinschaften Berlin zu einem Förderverein für die Errichtung einer Gedenkstätte in der deutschen Hauptstadt zusammen. Anfang 2012 wurde die Fördergemeinschaft für eine Ökumenische Gedenkstätte für Genozidopfer im Osmanischen Reich e.V. (FÖGG) als gemeinnützige Organisation in das Vereinsregister eingetragen.

FÖGG ist politisch und weltanschaulich unabhängig bzw. neutral, engagiert sich jedoch für Menschenrechte, insbesondere im Bereich der Prävention von Völkermord.

Aus unserer Satzung

In unserer Satzung heißt es in Artikel 2:

Zweck des Vereins ist die Förderung von Kunst und Kultur.

Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch die künstlerisch-architektonische Planung, Errichtung, Erhaltung sowie Pflege einer ökumenischen Gedenkstätte auf dem Luisenkirchhof III (Fürstenbrunner Weg, Berlin-Charlottenburg). Diese Stätte soll dem persönlichen und gemeinschaftlichen Totengedenken an die Opfer jenes Genozids gewidmet sein, der 1912-1922 unter osmanischer Herrschaft an indigenen Christen in Kleinasien und Mesopotamien verübt wurde. Die zu errichtende Gedenkstätte soll insbesondere den in Berlin ansässigen Gemeinschaften bzw. Gemeinden und Vereinen von Nachfahren der Opfer – also Armeniern, Aramäern/Assyrern/Chaldäern sowie Griechen aus Kleinasien, dem Pontos und Thrakien – für Seelenmessen und Totengedenkfeiern zur Verfügung gestellt werden. Der Verein erstrebt die Anerkennung der Gedenkstätte als öffentliches Denkmal.

Warum eine Gedenkstätte für Genozidopfer?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebten auf dem Staatsgebiet der heutigen Türkei über fünf Millionen indigene Christen: Armenier, Aramäer/Assyrer sowie griechisch-orthodoxe Christen aus den Herkunftsgebieten Pontos, Kleinasien und Ost-Thrakien. Über drei Millionen wurden auf staatlichen Befehl in der letzten Dekade osmanischer Herrschaft (1912-1922) genozidal vernichtet, bei Massakern, auf Todesmärschen und durch Zwangsarbeit. Verantwortlich für diese Verbrechen waren die nationalistische Partei Ittihat ve Terakki Cemiyeti („Komitee für Einheit und Fortschritt“, in Europa bekannter als Jungtürken), die durch einen Militärputsch 1908 zur Macht gelangt war und nach einem weiteren Putsch 1913 allein regierte, sowie die seit 1919 in Ankara regierenden Nationalisten unter Führung Mustafa Kemals.

Überleben hieß damals allzu oft: Zurücklassen der Schwachen und Kranken, der Sterbenden und am Straßenrand Verendenden oder der neu Geborenen und Wöchnerinnen. Aus Hass und Abneigung bestattete die ortsansässige muslimische Bevölkerung die Toten in der Regel nicht, trotz der Seuchen- und Ansteckungsgefahr unbeerdigter Toter. Jamor F.D. Yowell, ein Angestellter des US-amerikanischen Hilfswerks Near East Relief, berichtete im Frühjahr 1922 entsprechend: „Ich habe persönlich Hunderte griechischer Leichen unbeerdigt und von Hunden sowie Geiern zerfressen gesehen. Die Muslime machen sich nicht die Mühe, die Leichen toter Christen zu beerdigen, und die lebenden Christen besitzen nicht mehr die Kraft, dieses Ritual zu vollziehen, selbst wenn man es ihnen gestatten würde.“

Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend Christen aus der Türkei sowie anderen Staaten des Nahen Ostens nach Deutschland gelangten, befanden sich unter diesen de facto-Flüchtlingen viele, die von Überlebenden des Genozids abstammten. Sie alle einte das Bedürfnis, an ihre ermordeten Vorfahren zu erinnern. Doch bisher fehlen nicht nur in Berlin Orte, an denen die persönliche oder gemeinschaftliche Trauer möglich ist.