Unsere Gedenktage

„Sämtliche Märtyrer sind wie Weizenkörner: Von der Erde bedeckt, werden sie keimen und reichlich Frucht tragen!“

Patriarch Bischof Sawen Jerjajan im ersten Gedenkgottesdienst an die Opfer des 11./24. April 1915

Datum Bezeichnung Historischer Hintergrund
11./24. April Offizieller Gedenktag in Armenien und in der Diaspora weltweit

Völkermord an den Armeniern, 24. April Tsitsernakaberd
Am 24. April 1915 (11. April nach dem damals auch im Osmanischen Reich üblichen julianischen Kalender) begann mit der Massenfestnahme von Armeniern in der Hauptstadt Konstantinopel der Genozid an armenischen Bürgern des Osmanischen Reiches. Binnen dreier Tage wurden nach bereits früher zusammengestellten Listen Lehrer, Dichter und Schriftsteller, Journalisten, Parlamentsabgeordnete sowie politische Aktivisten, Geistliche, Unternehmer und andere Angehörige der intellektuellen Elite festgenommen und in das Landesinnere deportiert, unter dem Vorwand gerichtlicher Untersuchungen. Fast alle starben in den kommenden Monaten bei Foltern während der Verhöre oder bei den anschließenden Massakern und Deportationen (Todesmärschen). Nach Schätzung der deutschen Botschaft Konstantinopel sowie des armenisch-apostolischen Patriarchats zu Konstantinopel starben 1,5 von 2,5 Millionen (1914) der armenischen Bevölkerung im Osmanischen Reich.

Die Flucht der jungtürkischen Täter noch vor der osmanischen Kriegskapitulation ins Ausland sowie die Präsenz der westlichen Alliierten in Konstantinopel schufen die Voraussetzungen dafür, 1919 der „Aprilmärtyrer“ zu gedenken: Noch im März 1919 bildete sich ein „Ausschuss für die Trauerzeremonie zum 11. April“, um mit Gedenkgottesdiensten und Lesungen die Erinnerung an die 1915 Ermordeten wachzurufen. Wegen der Erkrankung des armenisch-apostolischen Patriarchen wurde jedoch die Zeremonie um einen Tag, auf den 12. April 1919, verschoben. Sie fand in der Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit im Konstantinopler Ortsteil Pera statt, unter Teilnahme von Vertretern der griechisch-orthodoxen Aghia Triada-Kirche sowie der Republik Armenien. In derselben Kirche wurde auch eine Seelenmesse zur Erinnerung an jene amerikanischen Missionare abgehalten, die während des Weltkrieges im Osmanischen Reich den Tod gefunden hatten. Gegen Mittag zog die Trauergemeinde in die armenische evangelische Heilige Dreifaltigkeitskirche im Ortsteil Çeşme um, wo nach der Seelenmesse eine Trauerveranstaltung mit geistlicher Musik, Lesungen aus den Werken der verschleppten und ermordeten Autoren sowie Vorträgen stattfand. Sämtliche armenischen Schulen und Geschäfte der Stadt blieben an diesem Tag geschlossen. Am 25. April 1919 wurde in der armenisch-katholischen Kirche des Vatikan mit Zustimmung des Papstes und unter breiter Beteiligung der in Italien lebenden Armenier eine Seelenmesse für die ermordeten Armenier gehalten, an der sich auch der italienische Parlamentspräsident sowie der französische Botschafter beteiligten.

1921 wandte sich der Katholikos aller Armenier, Geworg V. Surenjanz, mit einem Sonder-Hirtenbrief an den armenisch-apostolischen Patriarchen zu Konstantinopel, in dem er vorschlug, den 11./24. April zum nationalen Trauertag „zur Erinnerung an unsere hunderttausenden Märtyrer während des Großen Krieges“ zu erheben und erklärte den Tag zum offiziellen kirchlichen Trauertag des Katholikats von Etschmiadsin. Am 23. April wies das Konstantinopler Patriarchat alle armenischen Redaktionen in der Stadt an, „ab heute den Gedenktag zur Erinnerung an die Konstantinopler Intellektuellen (…) am selben Tag als Trauertag für die Opfer des Krieges und der Deportation zu begehen.“

Auch viele aramäischsprachige bzw. syrisch-orthodoxe Christen (Eigenbezeichnungen: Suryoye) begehen den 24. April als Gedenktag an ihre eigene Verfolgung und Vernichtung unter osmanischer Herrschaft.
19. Mai Offizieller Gedenktag in Griechenland und in der weltweiten pontosgriechischen Diaspora

Völkermord an den Pontosgriechischen
Am 19. Mai 1919 landete Mustafa Kemal in Samsun. Von diesem Datum an begann er mit der Organisation des bis dahin nicht organisierten, bewaffneten türkisch-nationalistischen Widerstands gegen die alliierten Besatzer des Osmanischen Reiches und vor allem gegen die griechisch-orthodoxe Bevölkerung sowie armenische Überlebende. Für die griechisch-orthodoxe Bevölkerung begann damit die dritte und abschließende Phase ihrer Vernichtung und dauerhaften Vertreibung aus der Schwarzmeerregion (Pontos) und dem übrigen Kleinasien.

Pontosgriechische Organisationen in Griechenland sowie der Diaspora hatten seit den 1980er Jahren die Forderung nach Anerkennung des Genozids an den Pontosgriechen erhoben. Per Parlamentsbeschluss erklärte 1994 der griechische Gesetzgeber den 19. Mai zum offiziellen Gedenktag.
15. Juni (2. Juni nach dem julianischen Kalender) Offizieller Gedenktag der Syrisch-Orthodoxen und der Syrisch-Katholischen Kirchen

Gedenktag der Syrisch-Orthodoxen und der Syrisch-Katholischen Kirchen
2015 erkannten die syrisch-orthodoxe und die syrisch-katholische Kirche den Tag des Martyriums des Mönchpriesters Stephanos und seiner Gemeinde – etwa einhundert Personen - als Gedenktag an die Vernichtung der aramäischsprachigen Christen an. Der Mönchspriester wurde in der Stadt Nisibin (Nusaybin), die für alle syrischen Christen eine Stätte der theologischen Bildung, Wissenschaft und Kultur darstellt, zerstückelt, um ihn zur Annahme des Islam zu zwingen. Die Monate Juni und Juli 1915 markieren den Höhepunkt der Vernichtung der aramäischsprachigen Christen in der Region Tur Abdin (Südost-Türkei) sowie den Städten Mardin und Diyarbakır.
7. August Simele Genozid (Premta d-Simele)

Simele Genozid (Premta d-Simele)
Weil das Massaker vom 7.-11. August 1933 in der nordirakischen Kleinstadt Simele das erste einer Serie von Massakern im August 1933 durch irakische Regierungstruppen und kurdische Hilfstruppen unter der Führung des kurdischstämmigen Generals Bakr Sidqi war, wurde Simele zum Oberbegriff und bezeichnet auch die fortgesetzten Tötungen an Männern, Frauen und Kindern in 63 assyrischen Dörfern der nordirakischen Bezirke Dohuk und Mossul. Hierbei starben schätzungsweise insgesamt 3.000 Assyrer. 15.000 Assyrer flüchteten aus der Niniveh-Ebene in das benachbarte, damals unter französischem Mandat stehende Syrien, wo am Ufer des Chabur-Flusses 35 neue Dörfer entstanden.

In noch weiterem Sinn steht Simele als Inbegriff für den Genozid an aramäischsprachigen Christen seit 1914, die im osmanisch besetzten Nordwest-Iran (1914, 1918) sowie im osmanischen Hoheitsgebiet von Türken und Kurden osmanischer Staatszugehörigkeit, in späteren Jahren auch von arabischen Nationalisten ermordet wurden. Dabei kamen etwa zwei Drittel der aramäischsprachigen Bevölkerung des Nahen Ostens ums Leben.

Für den Juristen und Historiker Dr. Raphael Lemkin bildeten die Vernichtung von Christen im Osmanischen Reich sowie die Massaker an Assyrern im Irak 1933 die empirische Grundlage für seine Definition von Völkermord, die er bereits im selben Jahr 1933 als Vertragsentwurf einer Juristen-Tagung des Völkerbundes in Madrid vorlegte, allerdings erfolglos. Erst nach einem weiteren Weltkrieg und der Vernichtung der europäischen Juden verabschiedeten die Vereinten Nationen 1948 die von Lemkin wesentlich geprägte Konvention zur Bestrafung und Verhütung von Genozid.

1970 erhob die Assyrische Welt-Allianz (Assyrian Universal Alliance – AUA) den 7. August zum nationalen Trauertag. 2004 verbot die syrische Regierung die Abhaltung von Gedenkveranstaltungen und drohte den politischen assyrischen Organisationen mit Verhaftung, falls sie doch Gedenkfeiern durchführen sollten.

Mehr Info:

http://www.atour.com/history/1900/20090405b.html

14. September Smyrna Holocaust; offizieller Gedenktag in Griechenland an die Opfer des Genozids an den Griechen Kleinasiens

Smyrna Holocaust
Am 13. September 1922 (30. August nach julianischem Kalender) setzten Soldaten der kemalistischen Streitkräfte die christlichen Viertel der überwiegend von Christen (Griechen, Armenier, Levantiner) bewohnten Hafenstadt und ionischen Hauptstadt Smyrna (türk. Izmir) in Brand und massakrierten die christlichen Zivilbevölkerung der unverteidigten, schutzlosen Stadt. Bis zu 120.000 Griechen und Armenier starben zwischen „Wasser, Feuer und Schwert“, unter ihnen viele Flüchtlinge, die in Smyrna Zuflucht vor den kemalistischen Streitkräften gesucht hatten. Wer nicht massakriert wurde oder in seinem Haus verbrannte, ertrank bei dem Versuch, sich von den Hafenquais zu den Schiffen einer im Golf von Smyrna ankernden internationalen Flotte zu retten, deren Angehörige jedoch weitgehend untätig blieben und den bedrängten Menschen nicht halfen. Alle christlichen Männer osmanischer Staatszugehörigkeit der Altersgruppe 18-45, die nicht bis zum 30. September 1922 das Land verlassen hatten, wurden anschließend als Kriegsgefangene behandelt und zur Zwangsarbeit ins Landesinnere verschleppt. Der Großteil überlebte die absichtlich strapaziös gehaltene Deportation zu Fuß und die anschließende Zwangsarbeit nicht. Das griechische Parlament erhob 1998 den 14. September zum nationalen Gedenktag.

In das Gedenken einbezogen sind nicht nur die Opfer von 1922 in Smyrna und Umgebung, sondern sämtliche griechisch-orthodoxen Opfer im gesamten osmanischen Hoheitsgebiet seit 1912 bzw. 1914.

Mehr Info:

http://www.greek-genocide.org/faq.html
http://www.youtube.com/watch?v=RlJ8FdQISY8
http://www.youtube.com/watch?v=hLOCpyzMgps
http://www.youtube.com/watch?v=1eR712sef5I